Der Menstruationszyklus in der Kunst
Wir haben Jessica Skolovski beauftragt, ein Motiv zum Thema Menstruation auszuarbeiten und künstlerisch umzusetzen, ohne die Aufgabe genauer zu spezifizieren. Die Künstlerin mit Wurzeln im Wallis und in Mazedonien hat sich von den verschiedenen Phasen des Zyklus inspirieren lassen und uns mit einem Kranich und einer Schlange überrascht.
Liebe Jessica, wir haben unseren Auftrag an dich ziemlich offen formuliert, nämlich den Menstruationszyklus in einem Kunstwerk darzustellen. Wie gehst du als Künstlerin so ein Projekt an?
Zuerst lese ich mich in die Thematik ein, sehe mir Bilder dazu an und notiere, was mir spontan zum Thema einfällt. In einem nächsten Schritt erstelle ich Skizzen. Anfangs habe ich ein geometrisches Bild in Kreisform erstellt. Ich habe mich jedoch für eine figurative Darstellung entschieden.
Klar war für mich von Beginn an, dass der Mond Teil der Darstellung sein soll. Ich finde es faszinierend, dass der weibliche Zyklus mehr oder weniger stark mit dem Mondzyklus korreliert.
Du hast dich für dein gewähltes Motiv hauptsächlich vom Buch ‘Roter Mond’ von Miranda Grey inspirieren lassen. Wie bist du auf dieses Buch gekommen und was hat dich daran so angesprochen?
Ich bin bei meinen Recherchen zum Menstruationszyklus auf das Buch gestossen. Der Rote Mondzyklus war mir bis dahin nicht bekannt. Ich hatte meine Tage bei Vollmond und dachte enttäuscht, dass meine Menstruation verkehrt sei und nicht synchron mit dem Mond. Dabei ist sie im Rhythmus des Roten Mondzyklus. Neben dem roten und weissen, gibt es noch den pinken und violetten Mondzyklus. Der Zyklus kann im Laufe des Lebens seine Orientierung auch immer wieder ändern, je nach Umständen und Zielsetzungen. Alle Zyklen sind Ausdruck der weiblichen Energie und richtig.
Der Kranich repräsentiert sowohl die Schattenseiten wie Vergänglichkeit, Tod, Schmerz, Selbstzweifel und Grübeln als auch die positiven Aspekte dieser Zyklusphase: Ruhe und Stille, Innensicht, Intuition und Empfangen der inneren Weisheit.
Der Kranich und die Schlange sind zentrale Elemente in deinem Kunstwerk. Wie sind die beiden Symbole mit dem Menstruationszyklus in Verbindung zu bringen?
Im Buch ‘Roter Mond’ von Miranda Grey werden unterschiedliche Tiere mit lunaren oder weiblichen Verbindungen vorgestellt, welche die intuitiven und instinktiven Ebenen unseres Wesens verkörpern. Bei der Schlage und beim Kranich sind diese Verbindungen nicht sehr offensichtlich oder im Falle der Schlage eher negativ konnotiert.
Als Sinnbild für die Phase der Menstruation habe ich einen fliegenden Kranich gezeichnet. Der Kranich repräsentiert sowohl die Schattenseiten wie Vergänglichkeit, Tod, Schmerz, Selbstzweifel und Grübeln als auch die positiven Aspekte dieser Zyklusphase: Ruhe und Stille, Innensicht, Intuition und Empfangen der inneren Weisheit.
Für den Eisprung habe ich die Schlange gewählt, als kraftvolles, bestärkendes Symbol der Fruchtbarkeit und der mystischen Weiblichkeit. Losgelöst von der Assoziation mit Sünde, Scham und Schuld, steht die Schlange für die Verbundenheit mit dem Lebensfluss (wellenartige Bewegungen der Schlange), der Erneuerung und die schöpferische Kraft des Lebens.
Die einzelnen Zyklusphasen fliessen ineinander über. Wenn das Ei freigesetzt wird, beginnt der Entwicklungsprozess zur Menstruation. Löst sich die Gebärmutterschleimhaut, nimmt die Reifung des nächsten Eis für den Eisprung ihren Anfang. Miranda Gray weist auf das Zeichen Yin und Yang hin, das den ineinander übergehenden Energiefluss ausdrückt. Diese Symbolik habe ich in meiner Darstellung integriert, da sie sehr anschaulich den Fluss des Zyklus aufzeigen. Der jeweilige Energie-Schwerpunkt der Yin/weiblichen und Yan/männlichen Energie wird anhand des kleinen Kreises im grossen Kreis, dem Vollmond und Neumond dargestellt.
Der Menstruationszyklus mit seinen kreativen Energien soll als Geschenk und etwas Wertvolles betrachtet werden und nicht als etwas Lästiges und Energieraubendes.
Bilder haben eine sehr grosse Macht. Sie wirken direkt auf unser Bewusstsein ein. Daher kann mit positiven, selbstermächtigenden visuellen Eindrücken viel Positives im Hinblick auf die Enttabuisierung der Menstruation bewegt werden.
Wir setzen uns mit Rouge für die Enttabuisierung der Menstruation in der Gesellschaft ein. Wie kann die Kunst dazu beitragen?
Bilder haben eine sehr grosse Macht. Sie wirken direkt auf unser Bewusstsein ein. Daher kann mit positiven, selbstermächtigenden visuellen Eindrücken viel Positives im Hinblick auf die Enttabuisierung der Menstruation bewegt werden. Ich sehe es als eine grosse Verantwortung als Künstlerin Werke zu erschaffen. Ich versuche Bilder zu kreieren, die den Menschen dienen, sie inspirieren, ermutigen bestehendes kritisch zu hinterfragen und offener zu denken.
Die Erkenntnis zum Roten Mondzyklus hat mich dazu inspiriert den Roten und Weissen Zyklus darzustellen. Ich denke, dass durch die bildliche Darstellung der beiden Zyklen mehr Bewusstsein für den in unserer Gesellschaft weniger bekannten Roten Mondzyklus geschaffen werden kann. Zudem wird frau angeregt, sich Gedanken zum eigenen Zyklus zu machen. Bin ich momentan eine Red oder White Mooncycle-Frau?
Auch neben unserer Auftragsarbeit bist du bereits in anderen Projekten rund ums Thema Frau-Sein engagiert. Erzähl uns davon.
Die Auseinandersetzung mit meinem Frau-Sein und der Geschlechterrolle aus Frauenperspektive, waren schon immer Teil meiner künstlerischen Arbeit. Ganz explizit in der Arbeit „Vielfalt“ (2020) in der ich unterschiedliche Brüste mit Tusche gemalt habe und zu Origamitauben gefaltet habe. Die Papiervögel habe ich anschliessend mit Nylonfäden an BH-Bügeln befestigt. Jede Brust, jeder Körper ist einzigartig. Es ist diese Vielfalt der Natur, die wunderschön und faszinierend ist.
Was verbindet deine Arbeiten? Wie würdest du deinen Stil, dein Schaffen beschreiben?
Meine Arbeiten verbindet, dass sie figurativ sind. Ich wollte mal ein abstraktes Bild ganz losgelöst von der Natur malen. Im Malprozess sind dann doch wieder Formen entstanden und ich habe schlussendlich ein Landschaftsbild gemalt. Ich arbeite mehrheitlich mit Papier in Kombination mit verschiedenen Materialien. In meinen Arbeiten befasse ich mich mit (unbewussten) Überzeugungen, hinterfrage bestehende Paradigmen und vermittle meine wichtigsten Werte.
Du bietest in deinem Atelier in Bern auch Kunstcoachings an. Was ist das genau und für wen ist das geeignet?
Wie in einem klassischen Coaching sind die Ziele zentral: die Klärung (wo steht der/die Klient*in in seinem Leben), die Stärkung (was für Ressourcen stehen ihm/ihr zur Verfügung) und seine Weiterentwicklung (innere Entwicklung und Zielerreichung).
Ich kombiniere dabei gängige Ansätze und Methoden aus dem Coaching mit gestalterischem Arbeiten. Beispielsweise stelle ich Fragen zum Selbstbild, die die Selbstreflexion fördern und dabei helfen positive und negative Glaubenssätze aufzudecken. Im gestalterischen Teil kann der/die Klient*in sein Selbstbild malen. Die bildliche Darstellung zeigt auf eine andere Art und Weise, wie der Klient sich sieht und was ihm wichtig ist. Oft zeigen sich beim Zeichnen und Malen losgelöst vom rationalen Denken und gesellschaftlichen Erwartungen, unsere tiefsten Wahrheiten. Bilder sind sehr kraftvoll und berühren uns in der Tiefe, in Schichten, zu denen der Verstand oft keinen Zugang hat.
Ein Kunstcoaching eignet sich für Menschen, die ihre Selbstkenntnis fördern möchten, ein bestimmtes Ziel erreichen oder ein bestehendes Problem lösen möchten. Dabei ist es nicht relevant, ob sie zeichnen oder malen können. Wichtig ist, dass sie bereit sind zur Selbstreflexion und Eigenverantwortung. Ich stelle Techniken und Materialien zur Verfügung, die es jedem*r ermöglichen kreativ tätig zu sein und begleite den gestalterischen Schaffensprozess individuell.
ZUR PERSON
Jessica Skolovski ist bildende Künstlerin, Kunsthistorikerin und Life Coachin. Sie arbeitet in Bern und im Wallis.In ihrem Atelier in Bern bietet sie Gestaltungskurse für Kinder an und Kunstcoachings für Erwachsene als Einzelcoaching oder in Form des Gruppenkurses «Perspectiva» mit wechselnden Themen wie beispielsweise Zielerreichung mit Visionsbild.
Mehr unter www.skolovski.com / Instagram: skolovski_art
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